Keiner kennt einen People Pleaser, Allen Gefallen

Keiner kennt einen People Pleaser

Tatsächlich kennt wahrscheinlich jeder mindestens einen People Pleaser. Aber eben nicht wirklich. People Pleaser tendieren nämlich dazu, ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zurückzuhalten. Das gibt anderen nicht die Möglichkeit, sie wirklich kennenzulernen. Wir haben letzte Woche ja bereits über die Tendenzen zur Überanpassung, Überkompensation, Aufopferung und Auflösung gesprochen. 

Heute konzentrieren wir uns auf die Auflösung, denn sie ist für mich die wohl schlimmste Folge des People Pleasings. Dafür stellen wir uns diese Frage:

Wer bist du, wenn du keine People pleased?

In ihrem Buch “People Pleasing” schreibt Dr. Ulrike Bossmann, dass viele ihrer Klientinnen “an sich vorbei leben”. Als People Pleaser gestalten sie ihr eigenes Leben also nicht so, wie sie es sich eigentlich wünschen. Im Alter merken sie dann: Ich hätte mein Leben gerne anders gehabt. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass People Pleaser viel für andere machen, um allen zu gefallen. 

Wer immer wieder Entscheidungen gegen das eigene Bauchgefühl und die eigenen Wünsche trifft, der kann sich auf dem Weg irgendwo verlieren. So kannst du unter Umständen vergessen, wer du eigentlich bist, wenn du gerade keine People pleased. Für mich ist das einer der wichtigsten Gründe, warum ich meine People-Pleasing-Tendenzen ablegen will. 

Wenn du wirklich allen gefallen willst, dann ist es einfach, dich selbst zu verlieren. Denn wo ist da bitte noch Platz für deine eigenen Wünsche? Am Ende hast du einen Job, der dir nicht gefällt; einen Partner, den du nicht liebst; ein Haus mit fettem Kredit, das du gar nicht wolltest und Freunde, denen du nicht vertraust. Aber wenigstens hast du allen gefallen!

Dein Leben ist kein Kompromiss

Ich sage immer wieder, dass deine Freiheit dort endet, wo die eines Anderen beginnt. Denn es ist ganz klar, dass nicht immer alles nach deinen Wünschen ablaufen kann. Es gibt aber einen großen Unterschied zwischen Kompromissen und People Pleasing. Ein Kompromiss bedeutet, dass man sich entgegenkommt. Entweder beide Personen oder einer von beiden muss sich ein Stück weit von den eigenen Wünschen entfernen, um einen Kompromiss zu finden. Und das ist völlig normal und legitim. Schwierig wird es erst, wenn immer du diejenige bist, die Kompromisse eingeht. Wenn es nie nach deinen Wünschen geht. Dann kann es sein, dass du People-Pleasing-Tendenzen hast, die dich davon abhalten, dein Leben so zu leben, wie du es willst. 

Wenn ich zum Beispiel mit einer Freundin essen gehen möchte, aber wir haben beide unterschiedliche Restaurant-Wünsche, dann werden wir uns auf etwas einigen. Entweder eine von uns beiden geht dem Wunsch der anderen nach. Oder wir finden eine dritte Alternative, die für uns beide passt. Das ist ein Kompromiss, wie er im Buche steht. 

Wenn aber immer ich diejenige bin, die am Ende nicht ihren Willen bekommt, dann hört es mit den Kompromissen irgendwann auf. Dann bin ich mitten im People Pleasing und schaffe es nicht, meine Bedürfnisse zu kommunizieren und zu verteidigen. Noch schlimmer: Irgendwann höre ich vielleicht ganz auf, eigene Vorschläge zu machen. Ich frage mich gar nicht mehr, wo ich essen gehen will. Ich sage nur noch: “Was auch immer du willst.” Zum Glück habe ich solche Freundschaften nicht und selbst wenn, wäre die Wahl des Restaurants nicht so wichtig. 

Aber das banale Beispiel zeigt uns, was wirklich gravierend werden kann: Wenn du bei großen und kleinen Entscheidungen immer wieder einen Kompromiss eingehst, dann kannst du den Blick für dich selbst verlieren. Dein Leben wird zu einem einzigen, riesigen Kompromiss. Und am Ende weißt du gar nicht mehr, wer du bist und was du eigentlich willst.

Im Podcast folgt hier eine Übung aus dem Buch “People Pleasing” von Dr. Ulrike Bossmann, die ich so nicht einfach schriftlich teilen will. Hör gerne rein oder kauf dir das Buch, wenn du die Frage beantworten willst. 

Echte Nähe entsteht nur durch Offenheit

Es ist schlimm genug, wenn du durch deine People-Pleasing-Tendenzen an dir vorbei lebst. Das ganze Thema hat aber noch einen zweiten Aspekt, der für mich besonders wichtig ist. Wenn du deine Wünsche nie äußerst und sie irgendwann nicht mehr kennst, dann hindert dich das daran, eine echte Nähe zu anderen Menschen aufzubauen. Denn wenn du dich nicht kennst, dann können dich deine Mitmenschen auch nicht wirklich kennen.

Wir haben ja bereits darüber gesprochen, dass People Pleaser oft aus ihren Ängsten heraus handeln. Wir haben Angst vor Zurückweisung, Beschämung oder Konflikten. Also halten wir zurück, was wir sagen wollen, oder äußern unsere Wünsche und Bedürfnisse nicht, um keine Umstände zu machen. Natürlich schützt uns das vor negativen Erfahrungen mit anderen Menschen. Es hält uns aber gleichzeitig auch davon ab, echte Verbindungen aufzubauen. 

In ihrem Buch “Du musst nicht allen gefallen” schreibt Natalie Lue: 

“Durch das People Pleasing haben wir nicht gelernt, dass ohne ein ehrliches Ja oder Nein und das Risiko von Konflikten oder Kritik auch keine echte Vertrautheit aufgebaut werden kann. Stattdessen ist es für uns normal, auf Zehenspitzen um unsere eigenen Befindlichkeiten und guten Absichten und die anderen Menschen herumschleichen und zu glauben, dass das schon das Optimum ist.”

Das ist es aber nicht. Denn wenn wir immer eine Maske tragen und eine Rolle spielen, um nicht verletzt zu werden, dann kann niemand unser wahres Ich kennenlernen. Und glaub mir: Es gibt Menschen, die dich wirklich kennen wollen. Mit allen Ecken, Kanten, Problemen und Eigenheiten. Durch deine People-Pleasing-Tendenzen verhinderst du vielleicht, dass eine echte Nähe und Verbundenheit in deinen Beziehungen entstehen kann. 

Schon mal versucht, einen People Pleaser glücklich zu machen?

Nehmen wir also an, dass du als People Pleaser immer nach den Wünschen und Bedürfnissen deiner Liebsten handelst. Das wird sich früher oder später rächen, denn so können sie dich gar nicht glücklich machen. 

Vielleicht kommen dir manche dieser Situationen bekannt vor: Du bekommst Geschenke, die dir gar nicht gefallen. Du wirst zum Essen eingeladen und es gibt ein Gericht, das dir nicht schmeckt. In Gesprächen geht es oft um Themen, die dich gar nicht interessieren. Wenn du in diesen Situationen nie etwas sagst, dann wird das immer so bleiben. Dann wirst du als People Pleaser niemanden verärgern, aber du wirst auch keine echte Vertrautheit zu deinen Liebsten aufbauen. Und das ist wirklich schade. 

Versuch dich einmal in die Lage deiner Liebsten zu versetzen. Gerade als People Pleaser sollten alle Alarmglocken schrillen, wenn du merkst: Meine Freunde, meine Familie und mein Partner haben gar nicht die Möglichkeit, mich glücklich zu machen. Sie wissen einfach nicht, wie das geht, weil ich nicht sage, was ich will. 

Du bist wirklich du, wenn du alleine bist

Es macht natürlich einen Unterschied für unser Verhalten, ob wir alleine oder unter Menschen sind. Selbst wenn es nur der Lebenspartner ist, werden wir uns trotzdem ein klein wenig anders verhalten. Und wenn es nur bedeutet, dass wir morgens genug Kaffee für zwei Menschen aufsetzen oder keine Selbstgespräche führen. Interessant wird es aber, wenn sich unser Verhalten stärker verändert. 

Als introvertierte Person bin ich ganz anders, wenn ich von vielen Menschen umgeben bin. Das ist normal und muss sich meiner Meinung nach nicht ändern. Ich bin eben eher still und überlege gut, was ich sagen möchte. Wenn das in einer Freundschaft so ist, dann ist das aber kein gutes Zeichen für mich. Denn dann kann ich offensichtlich nicht wirklich Ich selbst sein. 

Ich finde es hilfreich, sich hier einmal selbst zu beobachten. Wie verhalte ich mich, wenn ich alleine bin? Und bei welcher Person ändert sich mein Verhalten in welchem Ausmaß? Wenn es für dein Verhalten kaum einen Unterschied macht, ob deine beste Freundin neben dir auf der Couch sitzt oder nicht, dann hast du offensichtlich eine wirklich tiefe Freundschaft aufgebaut. Wenn du dich aber zurückhältst, dir Dinge verkneifst oder etwas nur machst, um zu gefallen, dann greifen wohl deine People-Pleaser-Tendenzen. 

Sich immer zu verstellen, kann wirklich anstrengend werden. Es ist also kein Wunder, wenn People Pleaser am liebsten alleine sind. Dann müssen sie niemandem gefallen und können einfach ihr wahres Ich ausleben. Mein Ziel ist es, mehr zwischenmenschliche Beziehungen zu haben, in denen ich offen und authentisch sein kann. 

Mit diesem Blogpost und der zugehörigen Podcast-Folge möchte ich dazu motivieren, dich selbst besser kennenzulernen. Nur so kannst du nach deinen Wünschen leben, statt an dir vorbei zu leben. Außerdem will ich dich ermutigen, dein wahres Ich auch anderen Menschen vorzustellen. Das hilft dabei, wirkliche Nähe zuzulassen und echte Verbindungen aufzubauen. 

Weil das alles nicht so einfach ist, starten im nächsten Beitrag erstmal mit 5 kleinen Tipps für People Pleaser. So machen wir uns den Anfang möglichst leicht.

Wenn du gerade people pleasen willst, dann hör gerne bei meinem Podcast rein, abonnier ihn und schau bald wieder auf meinem Blog vorbei.

Bis dahin: Mach’s gut – aber mach’s für dich selbst!

Quellen/Buchtipps:
„People Pleasing“, Dr. Ulrike Bossmann
„Du musst nicht allen gefallen“, Natalie Lue


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