Melanie Bühne über radikales Selbstmitgefühl. Allen Gefallen, ein Podcast für People Pleaser

Melanie Bühne über Selbstmitgefühl für People Pleaser

Sich selbst die beste Freundin sein: mitfühlend – aber auch ehrlich. Das ist radikales Selbstmitgefühl. Und darüber sprechen wir in Folge 17 vom Allen-Gefallen-Podcast mit Melanie Bühne. Den Anfang unserer Unterhaltung gibt es hier zum Nachlesen. Den Rest kannst du (fast) überall hören, wo es Podcasts gibt, oder direkt hier.

Melanie Bühne ist Empowerment Coach für People Pleaser. Sie steht kurz vor ihrem Masterabschluss in Psychologie, ist Yogalehrerin und selbst ehemalige People Pleaserin. Ihr Weg aus dem People Pleasing hat 15 Jahre gedauert. Jetzt hilft sie anderen (wie dir und mir), diesen Weg schneller zu gehen.

Liebe Melanie, du hilfst ja Menschen aus dem People Pleasing und da gibt es ganz oft Tipps in die Richtung: Wie setzt man bessere Grenzen? Wie lernt man, Nein zu sagen? Wie schafft man es, sich gegenüber anderen zu behaupten? Aber das reicht eigentlich nicht. Warum ist das so?

Meiner Meinung nach reicht das nicht, weil man sich dann nach wie vor im Außen befindet. Grenzen setzen, Nein sagen ist ja viel Kommunikation nach außen wieder und gerade People Pleasing ist ja etwas, das vom Inneren kommt und in uns steckt. Das oft daherkommt, dass wir gelernt haben, wir sollen brav und lieb sein, wir sollen Dinge lieber nicht sagen, weil das den Anderen verärgern würde. Und wenn man diese ganzen Sätze in sich hat und nicht abgewiesen werden wollte, damit man uns weiterhin lieb hat, dann steckt dieser Konflikt in uns: Dieses “ich will gefallen” und “ich möchte lieb und brav sein”, weil ich gelernt habe, dass das eine tolle Eigenschaft ist, damit man mich gern hat.

Ganz oft sind wir dann halt weiterhin lieb und brav, damit wir diese Bindung behalten und opfern dafür unser authentisches Ich, unsere Authentizität, weil das das ist, worüber wir Kontrolle haben. Wenn wir jetzt einfach “nur” Nein sagen, dann ändert das aber nichts an diesem inneren Konflikt, an diesem Wunsch, dass wir doch wollen, dass man uns gern hat. Und ganz oft verstärkt das dann sogar noch diesen Druck, den wir haben.

Deswegen fühlt sich das dann oft früher oder später doch wieder falsch an. Und es gibt dann diesen Jojo-Effekt vom People Pleasing, dass man es irgendwann doch wieder nicht macht, eben weil es Stress erzeugt. Das heißt, es ist erstmal super wichtig, dass wir auch mit uns im Inneren arbeiten und erstmal diesen inneren Konflikt lösen. Für mich ist Nein-Sagen die Spitze des Eisbergs. Solange wir nicht sehen, was da noch im Wasser ist, können wir auch nicht richtig drumherum fahren, sondern fahren halt trotzdem immer weiter gegen diesen unsichtbaren Teil des Eisbergs.

Ja, das kenne ich so gut. Ich hab ja auch dieses starke Harmoniebedürfnis, sodass in meinem inneren Konflikte entstehen, weil ich sie außen nicht austragen will. Hast du Tipps, wie man mit diesen inneren Konflikten umgeht?

In allererster Linie sich selbst und diesen Konflikten überhaupt erstmal Aufmerksamkeit schenken. Gerade als People Pleaser ist man sehr darauf bedacht, was im Außen passiert, wie der andere reagiert, was der andere denkt. Und man vergisst diesen Blick ins Innere ganz oft dabei. Und deswegen ist der erste Schritt, um etwas zu lösen, sich dessen überhaupt erstmal bewusst zu sein.

Dafür kannst du dir ganz viele Fragen stellen. Wenn der Konflikt da ist, wo fühle ich das? Wie fühlt es sich an? Warum ärgere ich mich gerade? Wieso ist das noch schwer für mich? Was genau stört mich an diesem Konflikt? Also warum möchte ich das überhaupt beenden? Was macht das mit mir im Inneren? Was befürchte ich, was passiert, wenn der Konflikt im Außen bestehen bleibt? Was würde es mir bedeuten, wenn dieser Konflikt gelöst ist? Wie realistisch ist das überhaupt, was ich befürchte? Was wäre ich bereit zu geben, um diese Konsequenz zu vermeiden? Und ist es mir das wirklich wert? 

Und der wohl wichtigste Teil überhaupt: Wenn der Konflikt da ist, dann gib dir selber, was du brauchst. Der Konflikt entsteht, weil irgendwas nicht passt, weil ein Bedürfnis oder ein Wunsch da ist oder ein Wert von uns angegriffen wird. Oder weil das Risiko besteht, etwas zu verlieren. Wenn man diesen Grund dahinter identifiziert hat, wenn man weiß, warum der innere Konflikt da ist, dann gib dir selber das, was du brauchst, um diesen Konflikt für dich zu lösen. Distanziere dich von dem Gedanken, der Konflikt kann nur gelöst werden, wenn der andere das macht.

Gib dir selber das, was du brauchst, um den Konflikt zu lösen.

Das klingt jetzt vielleicht noch ein bisschen abstrakt. Deswegen vielleicht nochmal an dem Beispiel mit dem Nein-Sagen. Ganz oft ist es so, dass man zum Beispiel eine Aufgabe übernimmt, die gar nicht im eigenen Aufgabenbereich liegt. Man möchte die gerne ablehnen und hat die Sorge, dass der andere einen für unfähig oder nicht engagiert hält. In dem Moment kannst du einen Schritt zurück machen und sagen: Ich brauche gerade die Anerkennung, dass es in Ordnung ist, dass ich das nicht mache, weil es nicht meine Aufgabe ist. Dann sag dir das selber. Du bist nicht darauf angewiesen, dass der andere das sagt.

Und du brauchst nicht die Erlaubnis vom anderen, dass das in Ordnung ist. Lange Rede, kurzer Sinn: Stell dir ganz viele Fragen und sag dir selbst, was du gerne hören möchtest.

Das Bedürfnis nach Bindung ist ja ein psychologisches Grundbedürfnis, das People Pleaser stillen wollen, zum Beispiel, indem sie Konflikte vermeiden. Du hast jetzt schon angesprochen, dass wir dieses Bedürfnis alleine stillen können. Aber wie geht das?

Das Bedürfnis nach Bindung alleine zu stillen, ist tatsächlich super wichtig. Bei People Pleasern gibt es oft diesen Konflikt zwischen den zwei Grundbedürfnissen: Authentisch sein, ich selber sein dürfen, also Selbstverwirklichung, und Bindung. Wenn ich das Bedürfniss nach Bindung alleine stillen kann, dann habe ich die Basis, um authentisch ich zu sein, weil es mir völlig egal sein kann, ob der andere mich toll findet, weil ich finde mich ja schon toll. 

Auch da kann man in erster Linie sich selbst die Worte und Anerkennung schenken, die man von anderen hören möchte. Das heißt auch hier wieder: Du wünschst dir, dass dein Gegenüber sagt, er hat dich gern. Dann sag dir selbst, dass du dich gern hast. Du wünschst dir, dass dein Gegenüber sagt, du bist eine super lustige, kreative, smarte Person. Ich kann gar nicht verstehen, wie man dich nicht gern haben kann. Dann sag dir auch das gerne selber. 

Denn bei all der Bindung, die wir im Außen suchen, vergessen wir sehr gerne die überhaupt allerwichtigste Bindung, die wir von Natur aus immer haben, von Geburt an hatten und die wir jederzeit aktivieren können, nämlich die Bindung zu uns selbst. Wie stärken wir Freundschaften? Indem wir Zeit mit unseren Freundinnen verbringen. Indem wir mit unseren Freundinnen sprechen. Und das Gleiche kann man dann auch mit sich selber machen, um die Verbindung mit sich selbst zu stärken.

Also verbring Zeit mit dir. Find raus, was dir Freude bereitet. Ohne andere Menschen.

Kreiere schöne Erinnerungen, positive Gefühle, die du mit dir verknüpfst. Das Eis, das du dir zum Beispiel spontan damals nach einem Besuch im Museum geholt hast und du weißt noch ganz genau, wie du auf der Bank gesessen bist, die Sonne hat geschienen und du hattest gerade die zwei besten Stunden überhaupt im Museum. Das war so ein richtig schöner Moment. Und allein bei der Erinnerung kommen dann schon schöne Gefühle hoch.

Schöne Gefühle, die du mit dir selbst verknüpfst. 

Oder der Moment, als du traurig warst und du dir selber einen Lavendelwickel gemacht hast, dein Lieblingslied gehört hast und einfach mal 10 Minuten nur für dich hattest. Und du erinnerst dich noch dran, wie gut dir das tat und was das für ein schöner Moment war, wo du dich selbst um dich gekümmert hast. Wenn man keine Idee hat, was das für Dinge sein könnten, dann kann man daran zurückdenken, was man als Kind gern gemacht hat. Als Kind haben wir ja super intuitiv gehandelt. Weil wir als Kind noch gar nicht diese ganzen Glaubenssätze und People-Pleaser-Tendenzen hatten. Die kamen ja erst später. 

Wenn man sich dann mal versucht, daran zurückzuerinnern, was habe ich denn damals gerne gemacht? Daran zurückerinnern und die Dinge noch mal machen. Weil das meistens auch genau die Aktivitäten sind. Und die Dinge, die uns von Grund auf gut tun.

Vielleicht hier noch als letzte kleine Anekdote: Auch gerne immer hinterfragen, wenn man etwas fühlt. Wenn man sich alleine fühlt oder gestresst fühlt. Weil man nicht Nein sagen möchte oder eine Grenze nicht setzen möchte aus Angst. Auch hier gerne wieder den Check-In machen. Und sich mal fragen, wie realistisch ist das eigentlich, dass das eintritt? Wie realistisch ist das eigentlich, dass die Bindung im Außen verloren geht, wenn ich jetzt meine eigene Bindung opfer? Das heißt nicht, dass man die eigenen Emotionen infrage stellt. Was du fühlst, ist immer richtig und immer valider.

Du kannst hier auch gerne mal schauen, stimmt das wirklich? Oder ist es gerade viel wichtiger, dass ich auf mich selbst höre und auf mein Bauchgefühl? Und auch durch diesen Check-In mit sich selbst kann man die Bindung noch weiter trainieren.

Ich habe im Podcast schon über Impathie gesprochen, also das Mitgefühl und das Verständnis für sich selbst. Bei diesem Thema sind wir jetzt auch wieder: Man muss sich in sich selbst hineinfühlen, um zu wissen, was man braucht. Du sprichst da von radikalem Selbstmitgefühl. Was meinst du damit? Geht das noch weiter, als das, was du jetzt schon gesagt hast?

Das ist eine schöne Frage, denn ich liebe dieses Konzept. Und für mich hat radikales Selbstmitgefühl zwei Seiten. Die eine Seite ist die, die ganz oft besprochen wird. Das ist diese Seite von: Sei dir selbst deine beste Freundin. Sei liebevoll mit dir. Geh sanft mit dir um. Achte auf deinen inneren Dialog. Also achte auf die Worte, die du dir gegenüber selber benutzt. Achte darauf, wie du mit dir sprichst. Achte darauf, wie du dir selbst begegnest….

Die zweite Seite – die mindestens genauso wichtig ist – hörst du in Folge 17 vom Allen-Gefallen-Podcast. Außerdem gibt es vier hilfreiche Tipps, um dein radikales Selbstmitgefühl zu stärken. Und wir sprechen darüber, wie man es aushält, wenn Bindungen zu anderen Menschen darunter leiden.

Wenn du gerade people pleasen willst, dann hör gerne bei meinem Podcast rein, abonnier ihn und schau bald wieder auf meinem Blog vorbei.

Bis dahin: Mach’s gut – aber mach’s für dich selbst!


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert