People Pleaser Empathie

People Pleaser und ihre Empathie

Eine Stärke, die viele People Pleaser gemeinsam haben, ist unsere stark ausgeprägte Empathie. Sie macht uns oft das Leben schwer – und trotzdem bezeichne ich sie bewusst als Stärke, nicht als Schwäche. Empathisch zu sein, ist nämlich eigentlich eine gute Eigenschaft. Wir People Pleaser nutzen sie nur leider oft aus den falschen Gründen. Dabei könnten wir viel Gutes mit unserer Empathie bewirken.

Was ist Empathie?

Im Prinzip ist Empathie die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzufühlen und sie zu verstehen. Das erfordert zunächst die Bereitschaft, das überhaupt zu tun: Wenn ich nicht dazu bereit bin, empathisch gegenüber anderen zu sein, dann bin ich es auch nicht. Wollen wir unsere Empathie nutzen, dann hilft sie uns, die Gefühle und Gedanken anderer Menschen nachzuvollziehen. Damit sind empathische Fähigkeiten die Grundlage für Mitgefühl.

3 Arten von Empathie

Dabei ist es wichtig, verschiedene Arten von Empathie zu kennen. Denn es gibt Unterschiede zwischen “sich hineinfühlen” und “andere verstehen”. 

1. Kognitive Empathie

Bei der kognitiven Empathie geht es zunächst darum, die Gedanken und Gefühle anderer Menschen zu verstehen. Wir können also kognitiv nachvollziehen, wie sich die andere Person fühlt. Im Vordergrund steht dabei das Verstehen, nicht das Fühlen.

Empathinnen können sich also gut in die Lage anderer Menschen versetzen – inklusive deren Gefühlslage. Sie können außerdem die Reaktion auf gewisse Situationen voraussehen und kennen die emotionalen Konsequenzen mancher Handlungen. 

Um ein ganz einfaches Beispiel herzunehmen: Empathinnen können eher einschätzen, ob sie eine andere Person mit einer Aussage verletzten werden, ob sie wütend wird oder ob sie es lustig finden wird. Für Menschen mit weniger starken empathischen Fähigkeiten kann es schwieriger sein, die Reaktionen (und damit die Gedanken und Gefühle) anderer Menschen vorauszusehen.

Die kognitive Empathie kann eine sehr nützliche Fähigkeit sein, wenn es um zwischenmenschliche Kontakte geht.

2. Emotionale Empathie

Bei der emotionalen Empathie fühlen Empathinnen die Gefühle eines anderen Menschen. Das kann so intensiv sein, als wären es die eigenen Emotionen. Wenn also Personen im Umfeld leiden, dann leiden emotionale Empathinnen mit. Sie fühlen den Schmerz der anderen, können aber auch an ihrer Freude teilhaben.

Die emotionale Empathie dreht sich also stark ums Fühlen. Es handelt sich im wahrsten Sinne des Wortes um Mitgefühl, da wir mit unserem Gegenüber mitfühlen. Wenn du beispielsweise mit einer nahestehenden Person sprichst, die gerade eine sehr traurige Zeit durchlebt – vielleicht durch einen Verlust – dann fühlst du diese Trauer, als wäre sie deine eigene.

Emotionale Empathie kann eine starke Verbundenheit zu anderen Personen bedeuten. Es kann aber auch sehr anstrengend sein, immer die Gefühle der anderen zu fühlen – denn wir haben schließlich auch noch eigene Gefühle.

3. Soziale Empathie

Empathie ist eine Stärke des Menschen, die uns von vielen anderen Spezies unterscheidet. So geht die Wissenschaft beispielsweise davon aus, dass der Homo Neandertalis weniger empathisch und sozial eingestellt war als der Homo Sapiens. Das könnte mit ein Grund sein, warum unsere Spezies die der Neanderthaler überlebt hat.

Dabei fällt es uns besonders leicht, uns in Menschen zu versetzen, die uns ähnlich sind. Ich weiß natürlich eher, wie sich meine Kollegin am Nebentisch im Büro fühlt, als wie es einer Person am anderen Ende der Welt geht. Doch genau dabei wird die dritte Art der Empathie wichtig.

Bei der sozialen Empathie nutzen wir sowohl die emotionale als auch die kognitive Empathie. Kombiniert helfen uns diese Fähigkeiten, uns auf verschiedene Charaktertypen einzustellen sowie bisher eher fremde Gruppen zu verstehen. Mittels der sozialen Empathie können wir auch ihre Gedanken und Gefühle eher nachvollziehen und ihr Handeln voraussagen.

Warum sind People Pleaser so empathisch?

Wir haben bereits darüber gesprochen, dass People Pleaser oft besonders empathische Menschen sind. Wir nutzen die Fähigkeit, andere Menschen zu verstehen, um allen zu gefallen. So können wir beispielsweise voraussagen, wie eine Person auf unser Verhalten reagieren wird. Und wir können unser Verhalten so anpassen, dass wir die gewünschte Reaktion bekommen.

Unsere Empathie hilft uns also, uns an andere Menschen oder an soziale Situationen anzupassen – mit dem Ziel, möglichst allen zu gefallen. Oder anders gesagt: Um niemanden zu verärgern, zu enttäuschen oder sonstige negative Reaktionen auf das eigene Verhalten zu bekommen. 

Warum wir People Pleaser so empathisch sind, hängt oft mit unserer Kindheit oder anderen prägenden Beziehungen zusammen. Denn stark ausgeprägte Empathie kann durchaus angelernt sein – wir werden nicht unbedingt als Empathinnen geboren.

  • Manche von uns haben als Kinder gelernt, auf die Emotionen der Erwachsenen zu achten, um nicht im falschen Moment unsere Bedürfnisse zu äußern. Das kann beispielsweise passieren, wenn wir oft angeschrien wurden, weil die Erwachsenen gerade gereizt waren. Du hast also gelernt, erst die Stimmung wahrzunehmen, bevor du nach etwas fragst.
  • Es kann aber auch sein, dass wir als Kinder in der Schule gelernt haben, dass wir uns für uns selber schämen müssen. Wir haben also empathische Fähigkeiten entwickelt, um die Reaktionen anderer Kinder vorherzusehen. Als Erwachsene achten wir jetzt beispielsweise am Arbeitsplatz immernoch darauf, wie andere auf unsere Persönlichkeit reagieren würden – und verstellen sie zur Not.
  • Wir können aber auch später lernen, dass wir die Gefühle anderer Menschen priorisieren müssen. So kann es zum Beispiel in toxischen Beziehungen wichtig sein, die Stimmung des Gegenübers zu verstehen. Wichtige Gespräche werden dann beispielsweise nicht geführt, wenn der oder die andere gerade in schlechter Stimmung ist. 

Die meisten People Pleaser haben also eines gemeinsam: An irgendeinem Punkt in unserem Leben haben uns empathische Fähigkeiten dabei geholfen, schwierige Situationen zu überstehen. Wir mussten die anderen Menschen verstehen und uns anpassen, um negative Reaktionen zu vermeiden – oder sogar, um uns selbst zu schützen. So haben wir gelernt, allen zu gefallen.

Wann Empathie zum Problem wird

Vielleicht konntest du schon herauslesen, dass Empathie zwar eine Stärke ist, aber auch zum Problem werden kann. Gerade als People Pleaser kann es passieren, dass wir unsere eigenen Gefühle aus den Augen verlieren. Wir sind so darauf bedacht, die Gedanken und Gefühle der anderen nachzuvollziehen, dass uns der Blick nach innen verloren geht.

Es gibt also auch einige negative Folgen von stark ausgeprägter Empathie – besonders der emotionalen Empathie. Als People Pleaser solltest du besonders darauf achten, ob diese Auswirkungen auf dich zutreffen:

Fehlende Abgrenzung

Wenn du besonders empathisch bist, dann kann das zur Überforderung führen. Denn du fühlst nicht nur deine eigenen Emotionen, sondern auch die deiner Mitmenschen. Oft fehlt es gerade People Pleasern an der nötigen Abgrenzung, um auch der Empathie Grenzen zu setzen. 

Denn wenn dich beispielsweise eine Person immer mit ihren Problemen und negativen Gefühlen belastet, dann ist es dein gutes Recht, dir das nicht immer anzuhören. Solange du keine Therapeutin bist, die dafür ausgebildet und bezahlt wurde, musst du nicht den Kummerkasten für andere spielen. So kann emotionale Empathie nämlich richtig belastend werden.

Leicht auszunutzen

Sehr empathische Menschen können auch besonders einfach auszunutzen sein – oder sogar manipulierbar. Denn vielleicht wissen andere Personen ganz genau, welche Knöpfe sie bei dir drücken müssen: Und schon übernimmst du wieder eine zusätzliche Schicht, fütterst die Katze oder besuchst jemanden, obwohl du eigentlich keine Zeit und Energie dafür hast.

Es muss sich dabei gar nicht um absichtliche Manipulation oder Bereicherung handeln. Aber andere verlassen sich vielleicht auf deine Empathie, wenn sie Hilfe brauchen. Wenn dein People Pleasing stark ausgeprägt ist, dann wissen sie vielleicht gar nicht, wie sehr sie dich damit belasten. Denn du willst ja allen gefallen und hilfst aus Mitleid immer aus.

Verlust des eigenen Ich

People Pleaser richten sich oft nach anderen Menschen und haben Schwierigkeiten, die eigenen Bedürfnisse zu äußern. Vielleicht spürst du oft, was andere wollen – umgekehrt merkt es dir aber niemand an. Weil du ein People Pleaser bist, passiert also immer nur, was sich andere wünschen, und nie, was du gerne hättest.

Auf Dauer wird es vielleicht auch für dich immer schwieriger, deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse überhaupt zu erkennen. Du bist so an Empathie und People Pleasing gewöhnt, dass du mehr auf die Gefühle der anderen hörst, als auf deine eigenen. Du selbst rückst also immer weiter in den Hintergrund.

5 Tipps für People Pleaser und ihre Empathie

Immer wieder schreibe ich hier, dass Empathie eine gute Eigenschaft ist, die wir People Pleaser aus falschen Gründen einsetzen – eben aus Angst vor negativen Reaktionen und um allen zu gefallen. Das Ziel ist also nicht, dass wir aufhören, empathisch zu sein. Damit wäre sicher niemandem geholfen. Ich glaube aber, dass wir unsere Empathie anders nutzen können. Und zwar so, dass wir und die Welt davon profitieren.

1. Mehr Verständnis statt Mitleid

Die emotionale Empathie kann schnell in Mitleid umschlagen. Wenn es Menschen in deiner Umgebung schlecht geht, leidest du also im wahrsten Sinne des Wortes mit. Vielleicht fühlen sich diese Menschen dann verstanden und gesehen. Aber das wäre auch schon der einzige Vorteil.

In Wahrheit ist nämlich niemandem geholfen, wenn du mitleidest. “Geteiltes Leid ist halbes Leid”, ist eigentlich nicht wirklich wahr. Ein erster Schritt für People Pleaser ist also, sich auf die kognitive Empathie zu konzentrieren, während die emotionale Empathie in den Hintergrund rückt. Wir konzentrieren uns also darauf, die Gedanken und Gefühle der anderen zu verstehen – statt ihren Schmerz zu fühlen, als wäre es unser eigener.

2. Sei die Stimme der Vernunft

Emotionale Empathie kann uns völlig überfordern – und sie ist oft überhaupt nicht hilfreich. Denn wenn du die Gefühle deines Gegenübers fühlst, das sich gerade in einer ausweglosen Situation sieht: Wie sollst du dann auf die Lösung kommen.

Wenn wir uns auf die kognitive Empathie konzentrieren, können wir die Stimme der Vernunft darstellen. Wir verstehen schließlich, wo das Problem liegt, welche Gefühle das auslöst und welche Konsequenzen verschiedene Reaktionen haben könnten. Wenn wir diese Gefühle nicht selbst fühlen, machen wir emotional einen Schritt zurück. Wir haben den Überblick, statt uns in den Gefühlen anderer Menschen zu verlieren. So können wir sie besser unterstützen.

3. Setze deiner Empathie klare Grenzen

Dafür ist es wichtig, der Empathie Grenzen zu setzen. Mach dir zunächst bewusst, falls du gerade emotional empathisch bist. Versuche dich bewusst auf deine eigenen Gefühle zu konzentrieren und die Emotionen der anderen Personen auf rationaler Ebene zu betrachten. 

Außerdem sollte jedes Verständnis für andere erwachsene Menschen ebenfalls Grenzen haben. Wenn dir jemand beispielsweise immer wieder das gleiche Leid klagt, sich aber nicht helfen lässt, darfst und solltest du dich früher oder später abgrenzen. Wahrscheinlich wird es dann sowieso langsam Zeit für professionelle Unterstützung.

Du musst jedenfalls kein Kummerkasten für andere erwachsene Menschen sein, der immer einspringt, wenn es gerade schwierig wird. Auch, wenn dir die andere Person leid tut. Empathie sollte ihre Grenzen haben, damit sie nicht auf deine eigenen Kosten geht – und genau das passiert uns People Pleasern oft. Dann ist es wichtig, Nein zu sagen.

4. Achte auf Manipulation

Wenn du immer empathisch und hilfsbereit bist, dann besteht auch die Gefahr, dass du ausgenutzt wirst. Das muss gar nicht bewusst oder böswillig sein. Aber andere Menschen merken sich, wer immer praktisch zur Stelle ist und Mitgefühl hat. Das kann ziemlich bequem sein, wenn man sich den eigenen Problemen nicht stellen will.

Das kann sogar so weit gehen, dass wir als People Pleaser manipulierbar sind. Ob bewusst oder nicht: Andere Menschen wissen vielleicht genau, welche Knöpfe sie bei uns drücken müssen, damit sie ihren Willen durchsetzen können. Durch unsere Empathie sind wir ihnen dann hilflos ausgeliefert, solange wir keine Grenzen setzen.

Achte also bewusst darauf, wer deine Empathie und Hilfsbereitschaft vielleicht ausnutzt oder dich sogar manipuliert. Das kannst du beispielsweise austesten, indem du mal ganz klar Nein sagst: “Nein, ich kann dir nicht helfen, mir fehlt selbst die Zeit und Energie.” Wenn dein Gegenüber dann kein Verständnis zeigt und stattdessen weiter auf dem eigenen Leid beharrt, dann gibt es wahrscheinlich ein Ungleichgewicht, wer sich für wessen Gefühle interessiert. Als People Pleaser solltest du spätestens jetzt achtsam mit deiner Empathie sein. Denn dir wird umgekehrt auch keine entgegengebracht.

5. Vergiss nicht auf deine Gefühle

Als People Pleaser haben wir die Gefühle anderer Menschen immer im Blick. Oft machen wir unser eigenes Handeln davon abhängig, wie andere reagieren werden. Das kann gut sein. Es kann aber dazu führen, dass wir zu sehr im Außen und bei den Emotionen der anderen sind. So geht uns das Gespür für unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse verloren.

Einerseits ist Empathie wichtig für unser zwischenmenschliches Miteinander. Wenn keiner auf die Gefühle anderer achten würde, hätten wir wohl dauernd Streit und keine Solidarität. Trotzdem solltest du dabei deine eigenen Gefühle nicht komplett aus den Augen verlieren. 

Wenn wir zum Beispiel über Wut sprechen, dann neigen wir People Pleaser dazu, unsere Wut nicht zu äußern: Wir haben Angst vor negativen Reaktionen und spüren, dass kein Platz für unsere Wut ist. Auf Dauer ist es aber schädlich, unsere Wut komplett zu ignorieren und immer hintanzustellen – darüber haben wir bereits gesprochen.

Es ist also wichtig, auch die eigenen Gefühle nicht zu vergessen. 

Empathie für People Pleaser zusammengefasst

Empathie ist also eine Stärke, die wir für positive Veränderung nutzen können. Unsere empathischen Fähigkeiten unterscheiden uns von vielen anderen Spezies. Sie machen unser menschliches Miteinander überhaupt erst möglich, denn aus Empathie entsteht viel Gutes – und mangelnde Empathie kann verheerend sein.

Gerade als People Pleaser nimmt Empathie aber oft zu viel Raum ein. Wir haben Verständnis für die Gedanken und Gefühle anderer Menschen durch unsere kognitive Empathie. Doch durch die emotionale Empathie fühlen und leiden wir oft so sehr mit anderen Personen, dass wir ihren Schmerz spüren, als wäre es unser eigener.

Es fehlt uns People Pleasern also oft an der nötigen Abgrenzung, um die Gefühle der anderen nicht zu unseren eigenen zu machen. Dadurch sind wir leicht auszunutzen oder sogar zu manipulieren – egal ob andere das bewusst oder unbewusst machen. Und wir verlieren uns und unsere eigenen Gefühle aus den Augen.

Empathie ist eine Stärke. Solange wir sie gezielt und vernünftig einsetzen, statt uns von ihr beherrschen zu lassen. 

Wenn du gerade people pleasen willst, dann hör gerne bei meinem Podcast rein, abonnier ihn und schau bald wieder auf meinem Blog vorbei.

Bis dahin: Mach’s gut – aber mach’s für dich selbst!

Quellen/Buchtipps:
„People Pleasing“, Dr. Ulrike Bossmann
„Du musst nicht allen gefallen“, Natalie Lue


Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert