Sagt ein People Pleaser einfach Nein

Sagt ein People Pleaser einfach “Nein!”

Der Titel des heutigen Blogposts klingt fast wie ein schlechter Witz. Welcher People Pleaser kann schon einfach Nein sagen? Genau mit dieser Herausforderung beschäftigen wir uns heute. Denn es gibt eigentlich sehr gute Gründe, warum ein Nein wichtig und richtig ist. Damit wir es öfter schaffen, Nein zu sagen, sprechen wir heute über das “Warum” eines Neins.

Warum People Pleaser schlecht Nein sagen können

Es ist sicher kein Geheimnis, dass People Pleaser schlecht Nein sagen können. Eine Bitte, eine Einladung oder auch eine Anweisung abzulehnen, geht total gegen unsere People-Pleasing-Tendenzen. Man könnte fast behaupten: People Pleasing ist Ja sagen. Vielleicht kennst du den Film “Der Ja-Sager”, in dem Jim Carrey zu allem und jedem Ja sagt. Ungefähr so fühlt sich People Pleasing manchmal an: Plötzlich ist man in irgendwelchen Situationen, in denen man nicht sein möchte, weil man nicht nein sagen konnte.

Warum uns ein Nein so schwer fällt, ist also gleichzeitig sehr einfach erklärt und sehr kompliziert. Es sind unsere People-Pleasing-Tendenzen, die uns zu Ja-Sagerinnen machen. Wir wollen schließlich allen gefallen: Wer mag die Person nicht, die immer sofort bereit ist, einzuspringen? Dahinter stecken aber Ängste, Erfahrungen und Verhaltensmuster, die uns vielleicht gar nicht bewusst sind. Oft sagen wir ganz automatisch Ja zu allem. Und das ist das eigentliche Problem. Es spricht nichts gegen ein bewusstes Ja. Doch dafür muss man erstmal reflektieren und abwägen.

Es gibt eine ganze Liste an Gründen, warum uns das Nein so schwer und das Ja so leicht fällt. Davon können manche auf dich zutreffen, andere nicht. Oder es kommt auf die jeweilige Situation an, welches Verhaltensmuster gerade greift. Ein paar der Gründe, die uns unterbewusst vom Nein-Sagen abhalten können:

  • Um allen zu gefallen, glauben wir, dass wir es allen Recht machen müssen.
  • Wir glauben, dass wir keine guten Menschen, Kinder, etc. sind, wenn wir Nein sagen.
  • Wir wollen die Erwartungen erfüllen, die an uns gestellt werden.
  • Wir haben selbst die Erwartung an uns, immer alles zu schaffen.
  • Wir wollen niemanden enttäuschen und vor allem keine Enttäuschung sein.
  • Wir haben Angst vor Konflikten, Ablehnung oder anderen negativen Konsequenzen.
  • Wir wollen das schlechte Gewissen vermeiden, das mit einem Nein kommt.

3 gute Gründe, öfter Nein zu sagen

Wir People Pleaser halten uns oft selbst davon ab, Nein zu etwas zu sagen, obwohl wir es eigentlich wollen. Wie oft habe ich schon sowas gesagt wie: “Ich kann doch nicht einfach nein sagen!” Was ich damit eigentlich meine: Was wird die Person dann denken; er ist sicher enttäuscht; sie wird sicher wütend; ich bekomme ein schlechtes Gewissen; keiner wird mich mehr mögen, wenn ich Nein sage. Dabei fehlt mir eigentlich nur eines: Das Bewusstsein darüber, dass ein Nein nicht automatisch schlecht ist, sondern gute Gründe haben kann. Drei davon besprechen wir jetzt. 

1. Ein Nein kann auch für etwas sein

Mit einem Nein lehnst du eine Bitte, einen Wunsch oder eine Forderung ab. Das wirkt erstmal total negativ – und natürlich befürchten wir negative Konsequenzen. Tatsächlich ist ein Nein aber auch ein Ja für etwas anderes. Du hast schließlich nur endlich viel Zeit, Energie und Geld zur Verfügung. Wenn du diese Ressourcen immer für Dinge verschwendest, die du gar nicht machen willst, nur damit du nicht Nein sagen musst, dann fehlen dir umgekehrt Zeit, Geld und Energie für deine eigentlichen Wünsche.

Du solltest dir also bei jedem Nein auch bewusst machen, wozu du gerade Ja sagst – und umgekehrt. Also beispielsweise: 

Wenn ich XY am Wochenende nicht beim Umzug helfe, könnte ich stattdessen einen Ausflug machen und den Haushalt schmeißen. 

Und umgekehrt: 

Wenn ich XY am Wochenende beim Umzug helfe, dann habe ich keine Zeit für Erholung und meine eigenen Aufgaben.

Ein Nein zu einer Sache kann also immer auch ein Ja zu vielen anderen Sachen, Erlebnissen, Prioritäten und Menschen sein. Es ist in Ordnung, dich ganz bewusst gegen etwas zu entscheiden – denn damit entscheidest du dich gleichzeitig für etwas. Und das bist hoffentlich etwas öfter du selbst, mit deinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen.

2. Dein Ja ist begrenzt, dein Nein ist es nicht

Ein Nein ist also immer ein Ja zu etwas anderem. Selbst wenn es nur Nichtstun ist, denn auch das brauchen wir manchmal! Die Schwierigkeit an der ganzen Sache: Du kannst nur begrenzt Ja sagen. Das liegt eben genau an den endlichen Ressourcen im Leben – Zeit, Energie, Geld,…. 

Auch wenn wir uns an Multitasking gewöhnt haben und immer noch effizienter werden wollen: In Wahrheit kannst du trotzdem zu jeder Zeit nur eine Sache machen. Du kannst nur eine Aufgabe erledigen, nur zu einem sozialen Anlass gehen und vor allem höchstens eine Sache gleichzeitig genießen. 

Du kannst dir also gleich mal aus dem Kopf schlagen, nie jemanden zu enttäuschen, indem du nie Nein sagst. Es ist keinem Menschen möglich, nie Nein zu sagen. Sogar ChatGPT, das immer für uns erreichbar ist, hat manchmal keine Kapazitäten mehr. Dann gilt das doch erst Recht für uns Menschen. Du kannst also nur begrenzt Ja zu etwas sagen, bevor deine Ressourcen aufgebraucht sind. Aber ein Nein ist im Prinzip unendlich. Du kannst jeden Tag den ganzen Tag über Nein sagen. 

Wenn man sich das bewusst gemacht hat, ist People Pleasing eigentlich total absurd: Wir verteilen unser Ja, als gäbe es kein Morgen. Dabei tun wir tatsächlich so, als hätten wir unendlich viele Ja zur Verfügung. Gleichzeitig sind wir so sparsam mit unserem Nein, als müssten wir es für die Apokalypse horten. Dabei könnten wir viel öfter Nein sagen. Denn das Nein ist eine der wenigen Ressourcen, die wir fast unendlich nutzen können.

3. Dein Nein steht für deine Werte und Prinzipien

Manchmal ist der Unterschied zwischen Ja und Nein wirklich nur die Frage, ob man den Haushalt macht oder noch eine Aufgabe für die Arbeit erledigt. Es gibt aber auch Fälle, in denen ein Nein für deine Werte und Prinzipien steht. Als People Pleaser kann es selbst in diesen Situationen schwierig sein, zu einem Nein zu stehen. Dabei sind das die wichtigsten Momente, um eben nicht an uns vorbei zu leben. 

Wenn du mal überlegst, wann sich ein Nein für dich richtig anfühlt, dann stecken dahinter wahrscheinlich deine Werte und Prinzipien. Das beste Beispiel ist wohl, wenn jemand aus deiner Familie unerwartet ins Krankenhaus kommt. Plötzlich kannst du alles andere absagen, bleibst natürlich nicht länger in der Arbeit und fährst stattdessen ins Spital. Du sagst aus Prinzip Nein zu allem anderen, um für deine Liebsten da zu sein. 

Das ist natürlich ein extremes Beispiel, aber diese Momente gibt es immer wieder im Alltag. Je mehr dir bewusst wird, welche Werte dir wirklich wichtig sind, umso öfter wirst du diese Momente bemerken. Du sagst dann aus Prinzip nein zur nächsten Firmenfeier, weil dir deine Me-Time wichtiger ist. Du hast nicht in der Arbeitszeit ein paar Minuten um zu telefonieren, weil du dich auf eine Aufgabe konzentrieren willst. Du kannst nicht noch ein bisschen länger bleiben, weil du pünktlich zum nächsten Termin erscheinen willst. 

Bei welchem Prinzip für mich immer eine Grenze erreicht ist, erfährst du an dieser Stelle im „Allen Gefallen“ Podcast.

Was passiert, wenn People Pleaser Nein sagen?

Ob bewusst oder unbewusst: Oft kennen wir die guten Gründe, Nein zu sagen. Und wir machen es als People Pleaser trotzdem nicht. Wir befürchten eben, dass ein Nein negative Konsequenzen hat. Aber was passiert eigentlich, wenn wir Nein sagen? In vielen Fällen tatsächlich gar nichts. Denn sehr viele Menschen akzeptieren ein Nein einfach. 

Wenn du zum Beispiel in der Arbeit keine Zeit hast, eine neue Aufgabe noch am gleichen Tag zu erledigen, wird sie einfach warten müssen. Oder jemand anderes muss sie übernehmen. Jedenfalls wird uns eine gute Chefin nicht direkt mit der Kündigung drohen oder beleidigt sein. Trotzdem machen wir People Pleaser oft lieber Überstunden, als Nein zu sagen. (Es sei denn, wir haben einen wirklich guten Grund.) Unsere Angst vor negativen Konsequenzen ist einfach zu groß.

Um öfter Nein zu sagen, solltest du deine Befürchtungen kennenlernen. Wovor hast du wirklich Angst, wenn du Nein sagst? Was könnte in deiner Vorstellung schlimmstenfalls passieren, wenn du Nein sagst? Und Hand aufs Herz: Wie oft tut es das wirklich? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir an zwei Orten suchen: im Innen und im Außen. 

Das macht ein Nein mit uns

Oft ist völlig egal, wie unser Gegenüber auf ein Nein reagiert. Die ersten negativen Konsequenzen können wir ganz alleine erzeugen: in unserem Kopf. Denn wenn wir Nein sagen, kommt sofort das schlechte Gewissen. Wir haben Schuldgefühle, weil wir nicht perfekt und immer für alle da sind. Deshalb entschuldigen wir uns auch oft, wenn wir Nein sagen. Aber dazu mehr in der nächsten Folge.

Der Punkt ist der: Wir dürfen uns nicht selbst für jedes Nein fertig machen. Als emphatische People Pleaser haben wir oft das Gefühl, die Enttäuschung und Traurigkeit der anderen Person zu spüren, wenn wir Nein sagen. Dabei interpretieren und projizieren wir oft nur unsere eigenen Befürchtungen. Wir dürfen darauf vertrauen, dass ein Nein okay ist. Unter anderem aus den drei Gründen, die wir schon besprochen haben.

Echte Folgen eines Neins

Ganz oft hat ein Nein überhaupt keine Folgen. Es kommt zu keinem Streit, keiner Verärgerung und nicht mal zu einer enttäuschten Nachricht. Wir haben uns also oft umsonst gefürchtet. Aber natürlich kann es nicht immer so sein. Nein zu sagen und sich bewusst gegen etwas zu entscheiden, kann auch Reibung erzeugen. Du machst damit vielleicht nicht, was von dir erwartet oder gewünscht wird. 

Damit können deine schlimmsten Befürchtungen als People Pleaser wahr werden: 

  • Jemand ist enttäuscht von dir.
  • Jemand hätte mehr von dir erwartet.
  • Jemand ist verärgert oder eingeschnappt.
  • Es kommt zu einem Konflikt oder Streit.

All das sind Horrorszenarien für uns People Pleaser. Denn das ist genau, was wir eigentlich vermeiden wollen. Es ist passiert: Wir haben nicht allen gefallen. Und stell dir vor – die Welt geht davon nicht unter. Und die Reaktion sagt oft mehr über die andere Person aus als über dich. Wenn jemand wiederholt verärgert ist, weil du klare Grenzen setzt und Nein sagst, dann hat diese Person ein Problem, nicht du. Es würde dein Leben überhaupt nicht bereichern, diesen Personen zu gefallen. Ganz im Gegenteil. 

Übrigens glauben wir People Pleaser oft, dass wir negative Reaktionen abfedern können, indem wir auf ganz bestimmte Art und Weise Nein sagen. Als würden Begründungen, Rechtfertigungen und Entschuldigungen etwas ändern. Das tun sie in vielen Fällen aber nicht. Denn die Reaktion steht meistens bereits fest. Menschen haben schon entschieden, ob sie enttäuscht und verärgert sind, wenn du Nein zu ihnen sagst. Tausend Entschuldigungen werden daran nichts ändern. 

Wenn du gerade people pleasen willst, dann hör gerne bei meinem Podcast rein, abonnier ihn und schau bald wieder auf meinem Blog vorbei.

Bis dahin: Mach’s gut – aber mach’s für dich selbst!

Quellen/Buchtipps:
„People Pleasing“, Dr. Ulrike Bossmann
„Du musst nicht allen gefallen“, Natalie Lue


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