Für mich gibt es drei Probleme mit P, die eng miteinander verbunden sind: Perfektionismus, Prokrastination – und natürlich People Pleasing. Denn wenn wir allen gefallen wollen, dann müssen wir alles richtig machen. Mich kann diese Kombination richtig ausbremsen. Deshalb will ich heute über den Zusammenhang dieser drei Themen sprechen.
In der Podcast-Folge zum Blog gibt es wie immer mehr Einblicke, wie mich persönlich diese Themen beschäftigen. Ich freue mich, wenn wir uns dort hören! (Naja, wenigstens hörst du mich.)
Perfekte People Pleaser
Perfektionismus betrifft wahrscheinlich nicht jeden People-Pleaser-Typen gleichermaßen. Als Bemüherin bist du ziemlich sicher perfektionistisch, wahrscheinlich als Gute oder als Vermeiderin auch. Aber was ist Perfektionismus überhaupt? “Perfekt” ist etwas, wenn es so gut ist, dass es absolut gar nichts daran auszusetzen gibt. Nur – da geht es ja schon los: Wer darf daran nichts auszusetzen haben?
Als Perfektionistin ist für mich mein eigener Job eine große Herausforderung. Ich schreibe ja beruflich – aktuell Blogbeiträge für Unternehmen und hoffentlich in Zukunft auch Bücher. Und gerade beim Schreiben gibt es soetwas wie “Perfektion” einfach nicht. Selbst, wenn ich keine Grammatik- und Rechtschreibfehler mache, liest vielleicht jemand den Text und sagt: “Das gefällt mir nicht.” (Ich habe tatsächlich Mal als Feedback bekommen: “Satz g’fallt nicht”, ja dankeschön.)
Wir müssen also zunächst zwischen zwei Aspekten von Perfektionismus unterscheiden.
1. Das Streben nach objektiver Fehlerfreiheit
Es ist logisch und vor allem objektiv überprüfbar, keine Fehler machen zu wollen. Perfekt ist etwas schließlich nur, wenn es fehlerfrei ist. Gerade Bemüherinnen dulden überhaupt keine Fehler bei sich selbst, aber generell haben People Pleaser oft Angst, etwas falsch zu machen. Das ist verständlich und bis zu einem gewissen Grad auch gut so, denn Fehler zu vermeiden, ist ja nichts Schlechtes.
Trotzdem sind Fehler gar nicht (immer) so schlimm, wie wir glauben. Und weil ich eine kleine Verfechterin von Fehlern bin, werden wir uns in der nächsten Folge näher damit beschäftigen.
2. Der Wunsch nach subjektiver Perfektion
Keine Fehler machen ist also eine Sache. Aber zum Perfektionismus gehören auch extrem hohe Ansprüche an sich selbst und eine sehr kritische Betrachtung der eigenen Leistung. Übrigens neigen Perfektionistinnen oft auch dazu, anderen sehr anspruchsvoll und kritisch zu begegnen. Als People Pleaser erwarten wir oft auch Perfektion und People Pleasing von anderen – nur sprechen wir unsere Kritik dann einfach nicht laut aus.
Dieser Aspekt des Perfektionismus ist problematischer, weil er subjektiv ist. Du kannst 100 Prozent deiner Energie in eine Sache stecken und dann immernoch unzufrieden mit dem Ergebnis sein, dabei hast du ja alles gegeben! Statt dir also auf die Schulter zu klopfen, weil du viel geleistet hast, kritisierst du dich selbst. So macht Perfektionismus wirklich keinen Spaß.
Wann Perfektionismus zum Problem wird
Perfektionismus ist also schön und gut, bis er unnötigen Stress verursacht. Bis zu einem gewissen Punkt kann Perfektionismus als psychologischer Antreiber sogar hilfreich sein – bis er dich plötzlich doch ausbremst. Man muss hier zwischen zwei Ausprägungen des Perfektionismus unterscheiden:
- Funktionaler Perfektionismus: Dieser Perfektionismus hilft dabei, uns zu Höchstleistungen anzutreiben. Es motiviert uns, dass wir uns hohe Ziele stecken – und wir geben nicht auf, bis wir sie erreichen. Oft haben Profi-Sportlerinnen diesen funktionalen Perfektionismus, der ihnen hilft, nicht aufzugeben. Das wichtigste dabei ist aber, sich eben nicht wegen Fehlern oder Misserfolgen selbst zu verurteilen.
- Dysfunktionaler Perfektionismus: Hier wird es problematisch, denn die selbst gesteckten Ziele sind so hoch und unrealistisch, dass sie demotivieren statt zu motivieren. Misserfolg ist auch keine Option, denn dafür machen wir uns selbst fertig. Dieser dysfunktionale Perfektionismus führt zu Stress, Überlastung, Angstzuständen und vielleicht sogar bis zu Depression oder Burnout – natürlich zusammen mit anderen Faktoren.
Perfektionistisch zu sein, ist also nicht per se etwas Schlechtes, aber auch nicht immer gut. “Perfektionismus” ist nicht umsonst eine Klischee-Antwort, wenn es um die Frage nach den Schwächen im Bewerbungsgespräch geht: Menschen bezeichnen sich als perfektionistisch, weil sie wissen, dass es zwar irgendwie eine schlechte Eigenschaft ist, aber irgendwie auch nicht. Lass uns also mehr funktional und weniger dysfunktional perfektionistisch sein.
Prokrastination als People Pleaser
Prokrastination – also das Aufschieben von Aufgaben – wird häufig mit Faulheit in Verbindung gebracht. Viele denken, dass wir nur prokrastinieren, weil wir etwas nicht tun wollen. Und klar: Das passiert auch. Zum Beispiel, wenn wir die Steuererklärung möglichst lange rauszögern oder den Abfluss nicht reinigen, obwohl es längst überflüssig ist. Auch das ist Prokrastination, aber nicht die wirklich problematische Variante. Irgendwann machen wir es ja trotzdem.
Übrigens, hier auch ein kleiner Exkurs zu zwei verschiedenen Arten von Prokrastination, denn auch hier kennen viele nur die erste:
- Passive Prokrastination ist wahrscheinlich, was du bei dem Begriff hast. So nennt man das, wenn man statt eine wichtige Aufgabe zu erledigen, einfach gar nichts tut. Vielleicht starrt man wirklich nur an die Wand (mangels Alternativen) oder man geht irgendeiner passiven Beschäftigung nach, zum Beispiel stundenlang Fernsehen oder auf Social Media doomscrollen.
- Aktive Prokrastination ist dagegen das Aufschieben der wichtigen Aufgaben, um stattdessen weniger wichtige zu erledigen. Manche meiner produktivsten Tage sind der aktiven Prokrastination geschuldet – weil ich verzweifelt nach jeder Aufgabe suche, die meine eigentliche Aufgabe noch etwas hinauszögert. Solche Tage sind gar nicht so schlecht, um einiges erledigt zu kriegen!
Aber Spaß beiseite: Prokrastination ist nie schön, denn bis die Aufgabe erledigt ist, können wir uns nur schwer entspannen. Das wird umso problematischer, wenn es sich um eine sehr große Aufgabe handelt. Und Prokrastination kann uns vor allem dann im Weg stehen, wenn wir etwas eigentlich wirklich gut machen wollen – damit sind wir wieder beim Perfektionismus.
Prokrastination wegen Perfektionismus
Es kann passieren, dass der eigene Perfektionismus zur Prokrastination führt. Statt motiviert und ehrgeizig zu sein, sind wir wie gelähmt. Das kann vor allem vorkommen, wenn uns etwas wirklich wichtig ist. Dann zweifeln wir plötzlich daran, dass wir es gut genug machen. Und so machen wir es einfach gar nicht. Denn wer nichts versucht, der kann nicht scheitern.
Es kann also passieren, dass du eine für dich wichtige Aufgabe machen willst, aber du kannst es einfach nicht. Vielleicht findest du nicht die richtigen Worte, räumst zuerst noch die ganze Wohnung auf oder bist der Meinung, dass das Licht nicht stimmt, du noch einen Kaffee brauchst oder sonst irgendetwas nicht ganz perfekt ist.
Genau das ist für mich der Grund, warum People Pleasing, Perfektionismus und Prokrastination zusammenhängen: Ich will etwas machen, aber es soll allen gefallen und es muss perfekt sein – also fange ich erst gar nicht an.
3 Tipps gegen Perfektionismus & Prokrastination
Statt jetzt noch lange um das Problem herumzureden, habe ich drei hilfreiche Ratschläge, was wir gegen Perfektionismus und Prokrastination tun können. Oder anders und positiver formuliert: Diese drei Tipps können helfen, die wirklich wichtigen Aufgaben nicht länger aufzuschieben oder ganz sein zu lassen.
1. “Eat The Frog”
Bei der “Eat The Frog”-Methode geht es darum, die unangenehmste Aufgabe des Tages direkt zu erledigen. Statt also aktiv zu prokrastinieren, bringst du es gleich am Morgen hinter dich. Ob das jetzt ein Anruf ist, die besagte Steuererklärung oder doch etwas, das dir eigentlich sehr wichtig ist: Du suchst dir für diesen Tag eine Aufgabe auf, die du sonst hinausschieben würdest, und machst sie direkt.
2. Done is better than perfect
Ein wichtiger Grundsatz für alle Perfektionistinnen ist “Done is better than perfect” – also: “fertig ist besser als perfekt”. Denn wir können uns so sehr in Details verlieren, dass wir einfach nie mit einer Aufgabe fertig werden. In vielen Fällen gilt aber wirklich, dass fertig zu sein ein großer, wichtiger Schritt ist. Und zwar tatsächlich wichtiger als Perfektion. Das gilt vor allem auch für deine Herzensprojekte.
3. Große Aufgaben zu kleinen Aufgaben machen
Oft betrifft die problematische Kombination aus Perfektionismus und Prokrastination auch besonders große Projekte und Aufgaben, die mit der “Eat The Frog”-Methode nicht zu bewältigen sind. Wir wissen dann nicht, wo wir anfangen sollen, also tun wir es nicht.
Hier kann es hilfreich sein, die große Aufgabe in kleine Teile zu unterteilen. Fast immer gibt es irgendwelche Zwischenschritte, die du notieren kannst. Mach dir lieber eine ausführliche To-Do-Liste, auch wenn sich das vielleicht lächerlich anfühlt. Du kannst sogar “Aufgaben aufschlüsseln” gleich als erste To-Do aufschreiben. Jeder Schritt ist dann ein motivierender Lichtblick, statt immer eine demotivierende Mammutaufgabe vor Augen zu haben.
“Wieder etwas geschafft” ist immer besser als “noch immer nicht erledigt”.
Und natürlich: Am People Pleasing arbeiten
So hilfreich diese Tipps im Alltag auch sein können – als People Pleaser hilft es wahrscheinlich am meisten, an den eigenen People-Pleasing-Tendenzen zu arbeiten. Denn hinter unserem Perfektionismus steckt nicht nur die hohe Erwartungshaltung an uns selbst, sondern eben auch der Wunsch, allen zu gefallen.
Und wenn du es immer allen recht machen willst, ist es kein Wunder, dass du Aufgaben lieber auf Morgen verschieben willst, bei denen dir potenziell ein Fehler passieren kann. Umso besser, dass wir nächstes Mal über Fehler sprechen. Bis dahin kannst du schonmal den Ratschlag für Bemüherinnen befolgen und eine Aufgabe nur mit 60 oder 80 Prozent deiner Energie erfüllen.
Das beste Mittel gegen Perfektionismus ist, nicht perfekt zu sein, und zu sehen, dass es gar nicht so schlimm ist.
Wenn du gerade people pleasen willst, dann hör gerne bei meinem Podcast rein, abonnier ihn und schau bald wieder auf meinem Blog vorbei.
Bis dahin: Mach’s gut – aber mach’s für dich selbst!

